Unter dem o.g. Titel mit der Zusatzbezeichnung "Die große Welt der Verkehrsmodelle in 1:87" und aus Anlass 75 Jahre Verkehrsmodelle gibt es ein neues Buch aus der Edelfeder (wie der Redakteuer A. Berse des Fachmagazins modellfahrzeug aus gleichem Haus einmal titelte) von Ulrich Biene.
Oder wie der Pressesprecher Christian Ludewig des Delius Klasing Verlages den Autor U. Biene als den "Perlenfischer der Wikinghistorie" beschrieb.
Nun hat Ulrich Biene zum 75sten der Verkehrsmodelle ein neues Buch für die Sammler und sonstige Interessierte an der Wiking-Geschichte bereit gestellt.
Was soll man sagen?
Ein gewichtiges Buch, im wahrsten Sinn. Es wiegt ca 1,5 Kg und hat die Maße 29 x 27 cm (B x H)
Unter der ISBN 978-3-667-12760-0 ist es im Buchhandel für 34,90 Euro bestellbar.
Oder beim Wikinghändler des Vertrauens,
Vielleicht, bevor es zur Beschreibung des Buches geht, noch einige Anmerkungen.
Ich finde das Format unpraktisch da das Buch aufgeschlagen eine Spannweite von 57 cm besitzt.
Also nichts was man mal so eben im Sessel sitzend verschlingen kann.
Die Seiten sind mattweiß, glatt und "dick", ähnlich Kalenderblättern. Bei 168 Seiten erklärt sich damit auch das Gewicht. Hinzu komme die kartonähnlichen Buchdeckel. Auf einen Einband wurde verzichtet.
643 Fotos machen die Leidenschaft zum Bilderbuch.
Etwas zu den Fotos zu sagen, hieße "Eulen nach Athen tragen".
Sofern es sich nicht um historische Fotos handelt zeigen die Bilder eine hohe Brillanz.
Die gezeigten Modelle und Schaustücke sind bestens ausgeleuchtet und knackscharf fotografiert.
Das Buch ist unterteilt in 9 ganz unterschiedliche Kapitel. Mal etwas länger, mal eher kürzer.
Kapitel 1
"Als 1948 alles begann"
"Für ein paar Groschen wandern Autoträume in die Hosentasche"
Der Autor beschreibt den Beginn der Verkehrsmodelle, wobei die Bezeichnung eigentlich schon 1936 bei den Bleimodellen Verwendung findet.
aber das Jubiläum bezieht sich ja auf die H0-Modelle. In sofern hat der Autor schon recht.
Das Kapitel beginnt mit dem Geldumtausch und der Währungsreform am 20. Juni 1948
Auf den ersten Seiten werden wunderbare blaugläserne Drahtachser auf einem Parkhausdiorama gezeigt. Dabei darf natürlich der T7 Bus nicht fehlen. Weiter geht es mit der Luftbrücke für Berlin. Gezeigt wird das Schaustück im Nachbau mit den Rosinenbombern im Maßstab 1:400 von Wiking.
Hier zeigt der Autor zumeist bekannte Fotos.
Weiter geht es mit besonderen thermoplastischen Gegenständen aus dem Hause Wiking, wie z.B. die Gartengeräte, Kämme, der große Schiffskutter mit Segel und auch die Arche mit Noah und seiner Familie sowie Getier darf nicht fehlen.
Aber auch der Nutzen der Verkehrsmodelle für die sprießende Modellbahnlandschaft darf nicht zu kurz kommen.
Es folgen einige Seiten mit tollen, auch mir z.T. unbekannten Schaustücken wie z.B. dieser Feuerwehreinsatz auf einem Flugplatz am Tower.
Oder ein Autohaus mit angrenzender Werkstatt für Zweiräder.
Im Kapitel 1 geht U. Biene nicht nur auf die Modelle ein, sondern beschreibt auch die Ideen und Einfälle die den Firmengründer F. Peltzer antreiben.
Da finden sich die Wiking Briefmarken ebenso wie Katalogabbildungen und er geht auf die Nutzung der Kunststoffe ein, die scheinbar von der CWH, den Chemischen Werken Marl/ Hüls geliefert werden.
Auch ein Exkurs zum Stammsitz der Firma Wiking darf nicht fehlen. Hier gibt es neben den Fotos vom Holzmodell, welches aktuell (?) noch im Wiking-Museum in Lüdenscheid zu betrachten ist auch Zeichnungen der Villa und Dokumente aus dem Grundbuch.
Es folgen weitere, alte Fotos aus der Villa die Arbeiterinnen an Werkbänken zeigen und neuere Fotos von Spritzschablonen, die die Silberung von Fensterflächen an den unverglasten Modellen ermöglichen.
Kapitel 2
"Geniale Verkehrsidee"
"Spielerische Verkehrserziehung: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!"
Der Autor U. Biene schreibt von einer genialen Verkehrsidee.
Schon früh hatte sich Peltzer überlegt, Kindern und Fahrschülern die Verkehrswelt nahe zu bringen. Zu diesem Zweck produzierte Peltzer ganze Sets für Fahrschulen und Schulen.
Neben den üblichen Wiking-Verkehrsplänen aus Karton mit den passenden Häusern zeigt der Autor auch sog. Architekturmodelle bei denen Wikingmodelle zum Einsatz kamen.
Es werden diverse Straßenpläne aus Karton aber auch aus Kunststoff gezeigt. u.a. auch kleine Holzplatten als Versuchsmuster für spätere Kunststoff Straßenplatten.
Selbst ein holländischer Modellproduzent griff die Idee auf und brachte mit der "Auto Strada" ein ähnliches System auf den Markt.
Kapitel 3
"Große Modell & Industrieaufträge"
"So könne kleine Geschenke die große Freundschaft erhalten"
In diesem Kapitel geht es um die großen Aufträge von z.B. VW die bei Wiking zu Werbezwecken Modelle im Maßstab 1:40 orderten.
Bekanntestes Modell ist vermutlich "das gläserne Auto" welches auch gleich auf der ersten Seite des Kapitels samt dem englischen Plagiat "The glass Car" gezeigt wird.
Ein Bild widmet sich der "Malerpalette" die 7 VW Käfer in unterschiedlichen Farben mit den dazu gehörigen Sitzpolstern beinhaltet.
Mir persönlich gefiel diese Doppelseite aus dem Kapitel besonders gut. Zeigt es doch die Händlerwerkstätte in Acryl, so wie VW sich damals vorstellte wie die auszusehen hätten.
neben den VW-Modellen zeigt der Autor auch Fotos von Holzmustern z. B. des Tempo Matadors von Vidal der nie realisiert wurde, oder des "Knautschgesichts" oder vom Käfer Cabrio und Karmann Ghia, aber auch vom Hanomag Pritschen-LKW und vom Clark Gabelstapler
Kapitel 4
"1958 startet der Aufbruch"
"Mit der Verglasung beginnen Modelle endlich zu atmen"
In diesem Kapitel zeigt U. Biene viele besondere Schaustücke die mir unbekannt waren.
Es beginnt mit dem Schaustück der AVUS, dem runden Hotel und einer Tribüne. Auf der Strecke sind die bekannten Rennwagen unterwegs. Garniert wird der Artikel mit Werbeplakaten aus den Jahren 1956 und 1965 sowie Originalfotos.
Weiter geht es mit Themenfahrzeugen von Feuerwehr und Post in einem entsprechenden Schaustück gefolgt von einem Krankenhausdiorama mit den passenden Rettungsfahrzeugen.
Natürlich dürfen auch kleinere Dioramen mit den bekannten Fallerhäuschen wie z.B. das Rundcafe oder der Steinbruch von Preiser mit den dazu passenden Wikingmodellen nicht fehlen.
U. Biene erwähnt quasi in einem Nebensatz das der Mitbewerber Lego 1959 ebenfalls Modellautos mit Verglasung auf den Markt bringt.
In den 60er Jahren sind die Messestände von Wiking gut ausgestattet und bestens besucht. Das Sortiment ist reichhaltig und die Verglasten Modelle finden Anklang.
Im letzten Teil des Kapitels geht es um Spieleffekte und Synergien, z.B. mit der Firma Arnold, die mit der minimobil den Wikingautos das fahren beibrachte. Oder Durch das Arnold rapido-System der Wiking Straßenbahn neuen Schwung gab.
Aber auch andere Modellbahnhersteller nutzten Wiking Modellautos als Zubehör für Ihre Produkte. Hier nennt Biene die Firma Pola mit den Häusern der 50er und 60er Jahre zu denen die Wikingautos hervorragend passten. So wurden die Modelle im Tütchen als Bausatz den Häuschen beigelegt.
Kapitel 5
"Fritz Peltzers Geheimnis"
"Peltzers Dokumente wiederentdeckt:Ein Schatz voller Modellträume"
In Lüdenscheid im Formenarchiv wurde ein unbeachteter Aktenschrank entdeckt in dem F. Peltzer Ideen für neue Modelle gesammelt hat. Neben den bekannten Skizzenzeichnungen für diese Modelle fanden sich auch Schriftstücke und Notizen die der Modellbauproduzent mit Herstellern führte.
Aber auch Prospekte und Testberichte zu den Vorbildern, die es lohnen würde zu Miniaturisieren.
Darunter finden sich Zeichnungen für einen Goliath Kastenwagen, für das Coupe Hanomag Partner, eine Zeichnung des Amphicar (das hervorragend in das heutige Wiking-Programm passen würde) aber auch die Zeichnung des NSU Sport Prinz ("Fahre Prinz und sei König").😁
Es sind im Schrank aber nicht nur Unterlagen zu nicht realisierten Modellen gefunden worden, sondern auch Unterlagen zu Modellen, die den Weg in die Serie gefunden haben, wie z.b. der Kipp-Muldenanhänger, der Vidal Pritschenanhänger oder auch Blumhardt Auflieger wie Mulden- oder Tankauflieger.
Aber auch viele Unterlagen zum "Container-Projekt", sowie zu den Ackermann Möbelkoffern.
Beim Modell des VW Jetta äußert Peltzer seinen Unmut und spricht sogar von "Entgleisung"!
Spaltmaße zu groß, Verglasung passt nicht....
Peltzer zeigt sich in den letzten Jahren als sein größter Kritiker!
Kapitel 6
"Die großen Macher"
Über Fritz Peltzer, Alfred Kedzierski und Volker Sieper
Auf 3 Doppelseiten widmet U. Biene den großen Machern einen kurzen Überblick.
Stellvertretend hier der Geschäftsführer Volker Sieper.
Mit neuem CI (Coroprate Identity) und einer neuen, (im damals geteilten Berlin nicht einfach zu erwerbenden) Produktionsstätte startete die Firma Wiking in den Aufbruch um die Produktion schlussendlich 2008/2009 doch nach Lüdenscheid zu holen.
Es folgten Produktionsstätten in Polen und China.
Unter der Ägiede von V. Sieper entstanden sog. HighTech Modelle wie der GROVE Autokran oder PKW mit zu öffnender Motorhaube
Ein Wort noch zu den Machern. Warum an dieser Stelle des Buches der ehemalige Werksleiter und spätere Geschäftsführer nach dem plötzlichen Tod von F. Peltzer im November 1981 nicht auftaucht, der die Firma durch die Irrungen und Wirrungen lotste ist mir ein Rätsel.
Der Name ist für mich untrennbar mit Wiking verbunden.
Kapitel 7
"Sammlerfaszination"
"Hinterm Schaufenster lockte die süße Wiking-Versuchung"
In diesem Kapitel stellt der Autor unterschiedliche Spielzeuggeschäfte vor und zeigt dazu nostalgische Fotos aus den 50er und 60er Jahren. Dazu dürfen natürlich die Wikingmodelle nicht fehlen.
Ganz wichtig auch das passende Zubehör nicht nur von Wiking, sondern von allen Modellbahnproduzenten.
Und so gibt es auch Fotos von sog. Schauanlagen, damals noch häufiger in großen Bahnhöfen zu finden und die Schaufensteranlagen in den Spielwarengeschäften, vornehmlich zur Weihnachtszeit.
Es kommen sogar Zeitzeugen zu Wort.
Es folgt ein nostalgischer Blick in die Produktionsstätte "Industriestraße" in Berlin Tempelhof.
Ein Exkurs in die Zeit des Wachstums mit diversen Industriemodellen zu Werbezwecken darf auch nicht fehlen, genauso wie die Produktion bei Wiking mit moderneren Fahrzeugen voran geht.
Ein separates Kapitel im Kapitel ist dem "Thyssen-Tanker" gewidmet.
Angeblich das wertvollste, aber m.M. nach nicht unbedingt schönstem Modell das jemals die heiligen Wikinghallen verlassen hat.
ja, es gibt sie noch, diese kleinen Schatzkistchen in denen ganz besondere Raritäten schlummern.
Kapitel 8
"So begeistern Wiking-Themen"
"Ganz gleich ob mit Kohle oder Sprit: Klassiker finden ihre heile Welt"
Dieses Kapitel widmet U. Biene ganz den wundervollen Dioramen mit besonderen Themen.
Das erste Diorama gehört dem Thema "Henschel Sonderschau" und ist aktuell in der
SIKU//WIKING Modellwelt ausgestellt.
Das zweite Thema dreht sich um die Kohle und Heizöl-Firma "Müller und Sinning" in dem viele der Sondermodelle des Anbieters
sammlerkontor zu finden sind.
Hier hat dankenswerter Weise ein bekannter Sammler viele Fotos im Forum
der Wikingtreffpunkt eingestellt.
Ein weiteres Thema handelt von "Gasolin. Ein Lieblingsthema von U. Biene, zu dem er schon Bücher geschrieben hat ("Tanklaster des Wirtschaftswunders" und "Gasolin")
Das letzte Kapitel im Kapitel ist, wie kann es anders sein dem Thema Wandt gewidmet.
Dieses Schaustück ist wirklich sehenswert und zeichnet sich aus durch viele kleine Szenen und tolle Fotos.
Kapitel 9
"Ganz genau hinschauen"
"Wimmelbilder voller Leben und Träume"
Hier macht der Autor einfach mal etwas Werbung für den wunderbaren Wiking Fotokalender von
Wiking Träume.
Dieser Kalender erscheint auch für 2024 in gewohnter Aufmachung mit wundervollen Wimmelbildern die faszinieren.
Erstaunlich, dass diese Landschaften einfach so, nur für den Kalender entstehen und nach der Fotosession wieder zerstört werden, natürlich nicht, ohne die Bauwerke wieder sorgsam in staubdichte Vitrinen zu verstauen Bis neue Ideen für die Kalenderfotos für das Folgejahr entstehen.
Ein echter Idealist!
Fazit
Lieber Ulrich, es ist jedes Mal eine Freude durch Deine Bücher zu blättern und Deiner unnachahmliche Schreibe zu folgen.
Deine Fotokunst ist hoch professionell und machen das neue Buch zu einem wundervollen Bilderbuch.
Was ich allerdings Schade finde, ist, dass Du keine wirklich neuen Themen erschließt.
Warum nicht mal ein Buch aus der Sicht von V. Sieper, wie es wirklich war.
Die Übernahme von SIKU, was man in Berlin genau vorfand, welche Überlegungen stattfanden, wie man die Mannschaft formte, die ja noch unter Peltzers Ägide arbeitete und bitte widme auch K.D. Hinkelmann ein großes Kapitel. Er hat es gewiss verdient.
Aus dieser Zeit müssten doch noch viele Zeitzeugen bei Wiking und auch Freunde, Weggefährten und Mitarbeiter vorhanden sein.
Klar, so ein Buch braucht seine Zeit, erfordert Recherche und macht gewiss viel Arbeit.
Vermutlich müsste man auch mal heiße Eisen anfassen.😀😉
Aber es würde die Lücke nach dem Tod von F. Peltzer und dem Rückzug von V. Sieper aus dem aktiven Part bei Wiking schließen.
Also, wie gehabt, für den, der noch kein Wikingbuch von U. Biene in der Hand hatte eine absolute Kaufempfehlung.
Für alle anderen: sicherlich eine schöne Ergänzung zu den bisherigen Wiking Büchern. Aber ganz viel Neues erfährt der verwöhnte Wikingsammler nach dem Studium der Bücher von R. Walsdorff nicht.
Für den rein visuell orientierten Wikingsammler, der nur Bilder gucken möchte und den dargebotenen Text nur gelegentlich liest sei auch dieser Band empfohlen.
Auf jeden Fall ein Geschenk für " unter den Weihnachtsbaum!"👍😁
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen