Donnerstag, 19. Januar 2012

Wo isser, der Motor?


Wer kennt ihn nicht, den Pritschen-LKW Magirus S 6500, den Wiking selbst nie ausgeliefert hat und der erst unter der "Sieper-Aegide" 1996 zur Serienreife gelangte?
Das Modell wurde unter der Nummer 769 01 35 in den Handel gebracht und ist natürlich nicht, wie das angefügte Label vermuten lässt im Maßstab 1:40 sondern im etwas kleineren Maßstab 1:50 gefertigt. Warum Peltzer seinerzeit einige unterschiedliche Maßstäbe für seine "großen Modelle" verwendete ist mir nicht bekannt. Vielleicht sollte der Magirus zu Werbezwecken produziert werden und der Auftraggeber hat diesen Maßstab für den Magirus gewünscht?
Aber hier soll gar nicht über den großen Maßstab philosophiert werden, sondern ich möchte eine neue Bastelei vorstellen. Wer genau hinsieht erkennt schon, wo ich diesmal die Säge, bzw das Messer angesetzt habe.
Er sieht ja ein bißchen so aus, als würde er über das "ganze Gesicht" fett und breit grinsen! :o)

 
Denn das Geheimnis des Magirus liegt unter der Motorhaube. Ein fein detaillierter Motor! Dummerweise lässt sich diese nicht öffnen, sodaß der eine oder andere Sammler vielleicht nicht einmal bemerkt hat, daß das Modell eine so wunderbare Motorattrappe besitzt? Vor Jahren hatte ich schon mal das Fahrerhaus vom Chassis abgehebelt um den Motor betrachten zu können. Beim Sammlertreffen 2011 in Ratingen (Hallo Elmar! ;o)) kam das Gespräch auf diesen Motor und ich habe großspurig angekündigt, die Motorhaube zu öffnen, damit man den Motor auch sehen kann, wenn die Kabine noch drauf sitzt! ;o)

 
Da heute so ein schäbiger Regentag war, ich frei hatte, habe ich mal wieder die Messer gewetzt und mich daran versucht, die Motorhaube zu öffnen. Mit dem Dremel hätte ich zu große Spaltmaße geschaffen. Ein zaghafter Versuch zeigte das! Also blieb nichts anderes übrig, als vorsichtig mit einen scharfen Messer an der Motorhaube entlang zu ritzen. Diese Prozedur hatte ich in ca. 3 Stunden bewältigt. Gefühlt dauerte es jedoch mindestens 10 Stunden!
Das Material ist an manchen Stellen deutlich dicker (zwischen 1,5- 2 mm) als bei den H0-Modellen.
Darum ist die Karosse ziemlich verschrammt und verkratzt da das Messer aufgrund der aufgewendeten Kraft einige Male abgerutscht ist.


Nachdem die Motorhaube heraus geritzt war, stellte sich die Frage, wie befestigt man diese wieder an der Fahrerkabine, ohne kleben zu müssen? Ich wollte ja gerne bei Bedarf die Haube auch schließen können. Eine erste "Anprobe" zeigte nämlich, daß durch das ritzen so wenig Material fehlte, daß die Motorhaube mit geringen Spaltmaßen ziemlich genau in die Ursprungslage passte

 
Was dann so friemelige Dinge angeht bin ich wahrhaftig kein Profi. Also musste ich zunächst mal überlegen, wie ich die Motorhaube aufhänge, daß sie trotzdem klappbar ist. Hier zahlte sich aus, daß ich früher viele Modellbau-Zeitschriften geblättert habe! ;o)

 
Ich habe einfach zwei kurze Stücke Blumendraht mit "Tesafilm" von innen an die Motorhaube angeklebt. Vorher habe ich diese in eine "Scharnierform" gebogen. Diese beiden Drähte kann ich nun in die Rückseite des Armaturenbrett einhängen, nachdem ich
dort zwei Bohrungen gesetzt hatte.

 
Diese Bohrungen lassen sich mit viel Phantasie auf diesem Foto erahnen. Jetzt noch einen Draht ins Chassis gebohrt als Haltestange für die Motorhaube.
Fertig ist die "Schoose"! :o)
Die ganze Mechanik ist ziemlich hemdsärmelig und jeder "Feinmechaniker" würde sich angewiedert abwenden. Aber in der Vitrine macht das Modell einen guten Eindruck und so lange niemand an dem Modell herum rüttelt sitzt die Mechanik stabil genug und die Drahthaken sehen als Scharniere sogar realistisch aus.
Der ganze Umbau fand wieder "frei nach Schnauze" statt, ohne Zeichnung und mathematische Formeln. Und ich bin mit dem Ergebnis mehr als zufrieden.

 
Den Abschluss macht noch einmal ein Foto vom geschlossenen Modell. Die Motorhaube steht dezent auf, weil ich den Haltestab für die Motorhaube einfach "rustikal" umgebogen und über den Motorblock gelegt habe. Der trägt dardurch etwas auf! ;o) Natürlich gäbe es manches zu verbessern und vielleicht könnte man noch den einen oder anderen Kratzer aus der Haube und der Karosserie polieren. Ich bin aber mit meinen Erstlingswerk mehr als zufrieden und kann nun bei Bedarf den Motor betrachten ohne das Fahrerhaus vom Chassis zu heben.

Ich habe nochmal ein bißchen in meiner Literatur gekramt, um dem interessierten Sammler einige Fakten zum Modell zu bieten und bin da im modellmagazin fündig geworden.

Im mm 5/92 gibt es eine Ankündigung eines Magirus S 3500 im Maßstab 1:43. Dieses Modell soll von Stettnisch auf Bestellung lieferbar sein, besteht aus Metall und soll ca. 300,- (!) DM kosten.

Im mm 6/92 wird das besagte Modell näher vorgestellt. Hersteller ist "Geiger-Modelle, Berlin". Nun ist das Modell im angenäherten Spur 0-Maßstab produziert. Die Bezeichnung lautet weiterhin Magirus S 3500. Bei dem Metallmodell handelt es sich augenscheinlich um eine Kopie des Wiking-Modells. Hinter dem Lenkrad sitzt eine Figurengruppe die von den Wiking VW-Bullis im Maßstab 1:40 bekannt ist.
Das Metallmodell ist ca. 500 g schwer, sehr klobig und stilisiert ausgeformt.

Hans Peter Maerker liefert im selben Heft dann auch eine "Wiking-Chronik" mit einer Holz-Vorserie und einer Kunststoff-Vorserie des Magirus S 6500 wie die richtige Bezeichnung des Modells lauten muss!

Erste Teile des Modells wurden im Herbst 1954 durch A. Kedzierski gefertigt.
Im Herbst 1956 standen dann bis auf die Verglasung alle Bauteile für das Modell zur Verfügung.
Anfang der 60er Jahre wurde dann die Verglasung produziert.
Warum das Modell produziert wurde und warum die Verglasung erst einige Jahre später dazu kam, ohne dass das Modell jemals in den Handel kam, konnte auch H. P. Maerker nicht herausfinden.
Fakt ist wohl, dass nach dem Tod Peltzers einzelne Teile des Modells in die Sammlerszene gelangten und es dann Anfang der 90er zu Abformungen / Kopien kam.

Im mm 4/96 zeigt H. P. Maerker dann ein erstes Vorseriemuster des Magirus S 6500 welches schon ziemlich nah am Serienstatus ist. Lediglich der Motorblock ist in hellgrau abgespritzt und die schmalen Reifen entstammen der SIKU-Produktion.

Im mm 1/97 folgt dann die Vorstellung des Ende `96 ausgelieferten Serienmodells des Magirus S 6500.


2 Kommentare:

Insulaner hat gesagt…

Hallo Martin,

sehr schöne "Bastelei" ;o).

>Warum Peltzer seinerzeit einige unterschiedliche Maßstäbe für seine "großen Modelle" verwendete ist mir nicht bekannt.

Ursprünglich hatte man bei Wiking geplant, "gerade" metrische Maßstäbe für die Automodelle zu verwenden, also 1:100 für die kleinen und 1:50 für die großen Modelle. Auch vom Käfer wurde ein entsprechendes Muster gefertigt, das es bei Walsdorff zu sehen gibt. Dem vorgesehenen Großabnehmer Volkswagen schien jedoch dieses Modell zu klein und unattraktiv. Es wurde deshalb ein weiterer Entwurf im Maßstab 1:40 gefertigt, der besser gefiel. So blieb es dann bei allen für Volkswagen gefertigten Modellen bei diesem Maßstab. Für andere Industrieaufträge (Tempo, Hanomag) wurde der ursprünglich vorgesehene Maßstab 1:50 verwendet. Beim wesentlich später angefertigten Modell des Magirus S 6500 war sicherlich auch die schiere Größe des Modells ein Grund, eher einen kleineren Maßstab zu verwenden. Die heute gebräuchlichen Maßstäbe 1:43 und 1:87 beruhen auf angelsächsischen Zollmaßen und waren früher in Kontinental-Europa überhaupt nicht gebräuchlich.

Well done!

Christian

Martin hat gesagt…

Hallo Christian,
besten Dank für die Erklärung.
Wieder etwas gelernt!
Wobei der Magirus etwas später als die Käfer produziert wurde, oder?
Dann ist die Entscheidung für den kleineren Maßstab des Magirus wohl eher der Größe des Modells geschuldet??
Immerhin hat Wiking ja auch Stapler und Traktoren in größeren Maßstäben (1:30, 1:25) produziert.
Dies dann vermutlich weil der Auftraggeber es so gewünscht hat, oder?
Viele Grüße und g. B.
Martin